Erstinformationen über die Erkrankungen
CIDP | GBS | MADSAM | MFS | MMN | PDN | AMAN | Therapien
Hier finden Sie kurze Informationen zu den entzündlichen Polyneuropathien. Dabei handelt es sich um seltene Erkrankungen. Beschreibungen der Diagnosen, Therapien, des Immunsystems sowie des Nervensystems finden Sie in unseren Broschüren und in der Rubrik A-Z.
Chronische Inflammatorische Demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
Chronisch – dauert lange
Inflammatorisch – entzündlich
Demyelinisierend – Abbau der Myelinscheide von Nerven
Poly – neuro – pathie – viele Nerven erkranken
CIDP (das chronische GBS) entwickelt sich langsam über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Es beginnt meistens mit Symptomen an Füßen, Beinen, Händen und Armen. Langsam spüren die Betroffenen zunehmende Schwäche.
Mehr:
CIDP ist eine Autoimmunkrankheit, d. h. das körpereigene Abwehrsystem greift die Nerven an. Dabei ist das periphere Nervensystem betroffen. Ein wichtiger Teil der Nerven, die Myelinscheiden, sind entzündet und werden zerstört. Die entsprechenden Nerven können die Reize so nicht mehr weiterleiten, was sich auf Muskeln und Gefühlsempfindungen (Sensibilität) auswirkt.
Folgende Beschwerden können u. a. auftreten:
- Verlust der Knie und Fußgelenkreflexe.
- Schmerzen, Taubheitsgefühle und Missempfindungen.
- Gehstörungen, Schwierigkeiten beim Treppensteigen und Aufstehen von einem Stuhl oder Sessel.
- Probleme, Bewegungen zu steuern und aufeinander abzustimmen. Der Gang ist dann breitbeinig, schwankend und unsicher. Diese Gangataxie kann auch das einzige Symptom sein. Das tritt häufig bei Kindern auf.
- Lähmungen an Händen, Armen, Füßen und Beinen.
- Tremor (Zittern).
- Einschränkung der Feinmotorik und des Tastsinns.
- Gestörtes Temperaturempfinden.
- Doppelbilder, Schluck- oder Hörstörungen.
- Beschwerden beim Wasserlassen.
Manchmal beginnt CIDP so plötzlich wie GBS. Statt einer Besserung, wie beim GBS, wird es unbehandelt aber schlechter. Die Diagnose von CIDP ist schwierig und kann dauern. Die Symptome sind sehr verschieden und können für den Patienten und für den Arzt verwirrend sein. Erste Symptome wie Müdigkeit und Störungen der Empfindungen müssen beobachtet werden.
Es kommt zu Kribbeln, Taubheitsgefühlen, Erschöpfung oder Schwäche. Dies beginnt in der Regel in Zehen und Fingern. Der Zustand verschlechtert sich im Laufe von mehreren Wochen. Ohne Therapie nimmt der Grad der Schwäche immer weiter zu. In seltenen Fällen führt dies zu umfangreichen Lähmungen.
Es gibt sehr viele unterschiedliche Verläufe von CIDP. Einige Betroffene erleben die Erkrankung als schleichenden Prozess. Andere erfahren schubweise Verschlechterungen. Es gibt eine Krankheitsform, die nur Ausfälle der Empfindungen (sensorische Ausfälle) als Symptome hat.
Die Symptome von CIDP können sich schnell oder langsam verstärken. Dabei sind die Auswirkungen sehr unterschiedlich. Einige Betroffene haben kaum merkbare Einschränkungen, andere hingegen müssen mit starken Einschränkungen leben.
Behandelt wird CIDP, abhängig vom Einzelfall, mit Immunglobulinen, Plasmapherese, Cortison und/oder Immunsuppressiva. Neuropathische Schmerzen können mit Antikonvulsiva (krampflösenden Medikamenten) oder trizyklischen Antidepressiva behandelt werden.
Physiotherapie und Ergotherapie oder Logopädie sind wichtig bei der Bewältigung von CIDP. Sie helfen, die körperlichen Fähigkeiten eines Patienten zu verbessern oder länger zu erhalten.
Link zu unserer Broschüre „GBS/CIDP Beschreibung“ für weitere Informationen
Video über CIDP:
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Guillain-Barré-Syndrom (GBS auch AIDP genannt)
Akute inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie
Akut – tritt schnell auf
Inflammatorisch – entzündlich
Demyelinisierend – Abbau der Myelinscheide von Nerven
Poly – neuro – pathie – viele Nerven erkranken
GBS ist eine akute Autoimmunkrankheit, d.h. das körpereigene Abwehrsystem greift die Nerven an. Dabei ist das periphere Nervensystem betroffen. Ein wichtiger Teil der Nerven, die Myelinscheiden, sind entzündet und werden zerstört.
Mehr:
Die betroffenen Nerven können Reize nicht mehr weiterleiten. Muskeln, Gefühlsempfindungen (Sensibilität) und Organfunktionen (wie Herz und Atmung) sind betroffen. Meistens sind zuerst die Nerven an Füßen und Beinen betroffen, dann an Händen und Armen.
Folgende Beschwerden können u. a. auftreten:
- Kribbeln in Beinen und Armen. Die Empfindungen können gestört sein. Beine und Arme können ohne Gefühl sein.
- Schmerzen an Rücken, Armen und Beinen. Starke Nervenschmerzen oder Lagerungsschmerz.
- Beginnende Schwäche von Muskeln, die sich schnell zur Lähmung entwickeln kann.
- Probleme, die Bewegungen zu steuern und aufeinander abzustimmen. Die Fähigkeit zu sitzen und das Gleichgewicht können gestört sein.
- Lähmung der Gesichtsmuskeln und Schluckstörungen.
- Atembeschwerden bis hin zum Atemstillstand.
- Probleme mit der richtigen Funktion von Herz, Lunge, Drüsen (Schwitzen), Harnblase und Darm. Das passiert, wenn die Nerven betroffen sind, die die Körperorgane steuern.
Bei einigen Patienten verschlechtert sich der Zustand im Laufe von ein paar Tagen. Das kann bis zur vollständigen Lähmung führen. Vier bis sechs Wochen nach Beginn der ersten Symptome ist meistens der Tiefpunkt der Erkrankung erreicht. Die Beschwerden werden dann nicht mehr schlimmer. Es kommt zur sogenannten Plateauphase, d.h. ein Stillstand in der Entwicklung der Krankheit ist erreicht. Sie wird nicht schlechter und nicht besser. Nach einigen Tagen setzt dann die Erholung ein. Die Muskelkraft, die Empfindungen (Sensibilität) und Organfunktionen von Herz, Lunge, Drüsen, Harnblase und Darm kehren langsam zurück.
Die Symptome und der Verlauf sind von Person zu Person sehr verschieden. Nach der Behandlung und der Rehabilitation kommt es oft zur vollständigen Wiederherstellung. Manchmal können aber auch Einschränkungen bleiben.
Behandelt wird GBS mit Immunglobulinen oder mit Plasmapherese.
Der Begriff Guillain-Barré-Syndrom beschreibt außerdem ein Spektrum von seltenen postinfektiösen Neuropathien, die bei sonst gesunden Personen auftreten. Zu diesem Spektrum der Neuropathien gehören die akute motorische axonale Neuropathie (AMAN), die akute motorische und sensorische axonale Neuropathie (AMSAN), das Miller-Fisher-Syndrom (MFS) und andere Varianten.
Link zu unserer Broschüre „GBS/CIDP Beschreibung“ für weitere Informationen
Video über GBS:
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Lewis-Sumner-Syndrom (MADSAM)
Auf Deutsch: Multifokale erworbene demyelinisierende sensorische und motorische Neuropathie
Multifokal – von vielen Brennpunkten ausgehend
Erwerben – allmählich herausbilden
Demyelinisierend – Abbau der Myelinscheide von Nerven
Sensorisch – die Sinnesorgane betreffend
Motorisch – die Körperbewegungen betreffend
Neuro – pathie – Nerven erkranken
Das Lewis-Sumner-Syndrom ist gekennzeichnet durch das Auftreten von Lähmungen (Paresen) und Sensibilitätsstörungen, die durch eine demyelinisierende Nervenschädigung verursacht werden. Diese sind asymmetrisch, also nicht auf beiden Seiten gleich.
Mehr:
Das Lewis-Sumner-Syndrom wird auch als MADSAM (multifocal acquired demyelinating sensory and motor neuropathy) bezeichnet, auf Deutsch: multifokale erworbene demyelinisierende sensorische und motorische Neuropathie.
Bei den Betroffenen kommt es zu einer an vielen verschiedenen Stellen auftretenden Störung der Körpernerven. Diese führt zu unterschiedlichen Gefühls- und Bewegungsstörungen. Beispielsweise zu einer Abschwächung des Berührungssinnes, zu schmerzhaften Missempfindungen und zu Muskelschwäche.
Therapiert wird das Lewis-Sumner-Syndrom mit Immunglobulinen.
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Miller-Fisher-Syndrom (MFS)
Das Miller-Fisher-Syndrom (MFS) ist eine seltene, die Hirnnerven betreffende Variante des Guillain-Barré-Syndroms (GBS). Die für MFS typischen Symptome sind eine Lähmung der Augenmuskeln (Ophthalmoplegie), eine Störung der Bewegungskoordination (Ataxie) und das Fehlen von Reflexen (Areflexie).
Mehr:
Im Gegensatz zum Guillain-Barré-Syndrom stehen bei MFS Lähmungen der Rumpf- und Extremitätenmuskulatur nicht im Vordergrund. Das MFS tritt meistens nach einer Infektion mit dem Erreger Campylobacter jejuni auf.
Das MFS ist im Allgemeinen selbstbegrenzt, d.h. es hört von alleine wieder auf. Eine Erholung erfolgt in der Regel innerhalb weniger Monate. Es wurden aber auch Fälle von MFS mit einem Fortschreiten der Erkrankung bis zum Versagen der Atmung beschrieben.
Behandelt wird bei MFS, wie bei GBS, mit Immunglobulinen oder mit Plasmapherese.
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Multifokale Motorische Neuropathie (MMN)
Mutlitfokal – von vielen Brennpunkten ausgehend
Motorisch – die Körperbewegungen betreffend
Neuro – pathie – Nerven erkranken
Die Multifokale motorische Neuropathie ist eine immunbedingte Neuropathie. Es handelt sich hier um eine asymmetrische und multifokale motorische Störung, d.h. sie tritt nicht auf beiden Seiten gleich auf und geht von mehreren Brennpunkten aus. Meistens beginnt MMN an einem der oberen Gliedmaßen.
Mehr:
MMN nimmt einen chronischen Verlauf. Die Krankheit kann auf ein oder zwei motorische Nerven beschränkt bleiben. Sie kann aber auch auf den anderen Arm, oder sogar auf die unteren Extremitäten überspringen. Die motorischen Ausfälle sind bei MMN immer asymmetrisch. In der Regel sind sie begleitet von Krämpfen, Faszikulieren (feine Zuckungen der Muskelfaserbündel) und evtl. Amyotrophie (schmerzhafte Erkrankung der peripheren Nerven mit Muskelschwäche). Die Knochen-Sehnen-Reflexe sind in den betroffenen Bereichen meist abgeschwächt oder erloschen. Es gibt keine sensorischen Ausfälle, aber einige Patienten empfinden Taubheit oder Kribbeln in den Gliedmaßen (Parästhesien).
MMN spricht gewöhnlich nicht auf Behandlung mit Kortikosteroiden und Plasmapherese an. Im Gegenteil, der Zustand der Patienten kann sich dadurch sogar verschlechtern. Die Therapie der ersten Wahl ist eine Infusion von 2g Imunglobulinen pro Kilogramm Körpergewicht über 2-5 Tage. In 70% der Fälle führt dies zu schneller und spektakulärer, aber nur vorübergehender Besserung. Die Patienten benötigen daher wiederholte Infusionen.
Informations Video:
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Paraproteinämische Demyelinisierende Neuropathie (PDN)
Paraproteinämische – Paraproteine (eine bestimmte Form von Antikörpern) im Blut
Demyelinisierend – Abbau der Myelinscheide von Nerven
Neuro – pathie – Nerven erkranken
Die PDN ist eine demyelinisierende Polyneuropathie bei der bestimmte Antikörper, die sogenannten Paraproteine, im Blut festgestellt werden. Dabei sind in erster Linie die Fasern der sensorischen Nerven betroffen.
Mehr:
PDN nimmt einen chronischen Verlauf. Die typischen Symptome sind Taubheit, Kribbeln und Schmerzen in Füßen und Beinen. Bei einigen Betroffenen kommt es auch zu Gehstörungen, wenn die Betroffenen die Augen schließen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung können ebenfalls die motorischen Nerven betroffen sein. Der Verlauf der Krankheit ist langsam.
Behandelt wird PDN, je nach Fall, mit Immunglobulinen, Plasmapherese, Cortison oder Immunsuppressiva. Neuropathische Schmerzen können mit Antikonvulsiva (krampflösenden Medikamenten) oder trizyklischen Antidepressiva behandelt werden.
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Akute Motorische Axonale Neuropathie (AMAN)
Akut – tritt schnell auf
Motorisch – die Körperbewegungen betreffend
Axonal – das Axon betreffend
Neuro – pathie – Nerven erkranken
AMAN ist eine akute, seltene, die motorischen Nerven betreffende Variante des Guillain-Barré-Syndroms (GBS). Typisch für AMAN ist eine schnell einsetzende Muskelschwäche mit fehlenden Reflexen.
Mehr:
Im Gegensatz zu GBS wird bei AMAN nicht nur die Myelinschicht, sondern auch der Nervenzellfortsatz, das Axon, der Nerven beschädigt. Dabei sind die motorischen Nerven des peripheren Nervensystems betroffen. Die AMAN tritt meistens nach einer Infektion mit dem Erreger Campylobacter jejuni auf.
Der Verlauf der Erkrankung ist bei AMAN meistens schwerer als bei GBS. AMAN kann aber geheilt werden. In manchen Fällen ist trotz des schweren Verlaufs eine schnelle Erholung möglich, unter Umständen kann sie aber auch lange dauern. Einige Betroffene müssen auch nach der Erholung mit Einschränkungen zurechtkommen.
Behandelt wird AMAN mit Immunglobulinen oder Plasmapherese.
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Therapien
Die Behandlung der jeweiligen Erkrankung richtet sich nach dem Schweregrad der Symptome und der Krankheitsphase, in der sich die Betroffenen befinden. Dabei wird zwischen Akut-, Plateau- oder Rehabilitationsphase unterschieden.
Therapiemöglichkeiten sind Plasmapherese, die Verabreichung von Cortison oder die Gabe von hochdosierten Immunglobulinen (IVIG). Zusätzlich kann eine Medikation mit Schmerzmitteln oder eine spezifische Schmerztherapie sinnvoll sein. Ansonsten richtet sich die Behandlung nach den jeweiligen Symptomen. Außerdem kann Physio- und Ergotherapie die Beweglichkeit verbessern oder stabilisieren. Durch Logopädie können Schluck-, Atem- und Sprachstörungen behandelt werden.
Zur Therapie akuter und chronischer immunvermittelter Neuropathien und Neuritiden hat die `Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie´ unter Federführung von Prof. Dr. Claudia Sommer, Würzburg, Leitlinien entwickelt. Die letzte Aktualisierung erfolgte 2018.
Auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) finden Sie sowohl die Leitlinien als auch die Hinweise zu deren Benutzung.
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